Cees van Casteren war mehr als 47 Jahre lang die treibende Kraft im Produktions- und Logistikprozess von Van den Berk. Er ging im April 2020 in den Ruhestand, arbeitet aber immer noch als Berater des Unternehmens. Wir haben Cees gefragt, was er davon hält, Bäume direkt nach ihrer Anpflanzung zu schneiden. Das ist ein Thema, über das sich grünen Profis lange nicht einig waren.
Du empfiehlst den Rückschnitt sofort nach der Anpflanzung. Warum?
Bäume, die aus dem Freiland kommen, haben bei der Rodung nun einmal unweigerlich einen Teil ihrer Wurzeln verloren. Dadurch wurde das Gleichgewicht zwischen Wurzelwerk und Krone gestört. Durch den Rückschnitt bringt man den ganzen Baum wieder ins Lot und verringert man gleichzeitig die Gefahr des Austrocknens in einer warmen Periode. Zurückgeschnittene Bäume erholen sich schneller und wachsen besser an. Außerdem machen sie einen gesünderen Gesamteindruck, weil nicht zurückgeschnittene Bäume in den ersten Jahren nur schütteres Laub haben.
Sie besitzen dann aber noch ihre Kronenbreite. Wie lange dauert es, bis diese wieder nachgewachsen ist? Das geht viel schneller als man denkt. Am Ende der ersten Wachstumssaison sind beide schon fast wieder gleich groß, und in der zweiten Wachstumsperiode wird der nicht zurückgeschnittene Baum vom zurückgeschnittenen Baum überholt. In der Vergangenheit haben wir damit in der Baumschule Versuche durchgeführt. Wir haben dieselben Bäume in Reihen nebeneinander gesetzt und dann die eine Reihe sofort nach dem Auspflanzen geschnitten, und die andere Reihe nicht. Nach drei Jahren hatten die zurückgeschnittenen Bäume eine vollere Krone und auch einen dickeren Stamm. Der Rückschnitt hat für den Baum nur Vorteile, ja manchmal ist er sogar die Bedingung für das Neuanwachsen. Nicht ohne Grund sagt man bei uns „Richtiger Schnitt fördert das Wachstum".
Warum wird es dann trotzdem so selten gemacht?
Da kann ich nur Mutmaßungen anstellen. Ich nehme an, entweder ist das einfach nicht überall bekannt oder man versucht damit Kosten zu sparen. Obwohl gerade dieser Kostenvorteil nicht aufwiegt gegen die Ausfallkosten, die man mit dem Rückschnitt vermeiden kann. Wenn es eine Woche lang warm und trocken ist, was heute unter dem Einfluss des Klimawandels öfter vorkommt, können neu angepflanzte Bäume schon einen schweren Stand haben. Dann verdunstet das Laub mehr Wasser, und wenn das mehr ist, als die Wurzeln aufnehmen können, wird es für die Bäume problematisch. Oft sieht man dann in solchen Fällen, dass den Bäumen dann auch noch viel zu viel Wasser gegeben wird. Völlig sinnlos, denn wenn die Kapazität des Wurzelwerks nicht ausreicht, um das Wasser aus dem Erdreich aufzunehmen, vertrocknet der Baum trotzdem.
Wie muss man die Bäume schneiden, um dies zu vermeiden?
Eigentlich muss man sie ,scheren', d.h. nur an der Außenseite schneiden. Ein guter Baumschulbaum ist jedes Jahr geschnitten worden, da ist Ausdünnen nicht mehr nötig. Es geht um die Außenseite. Dort, auf den einjährigen Zweigen, befinden sich die meisten Blätter, d. h. dort verdunstet auch das meiste Wasser. Indem man diese Zweige entfernt, lässt sich das Gleichgewicht am einfachsten wiederherstellen, während die Kronenform nicht beeinträchtigt wird. Das braucht man nur einmal zu tun, sofort nach dem Anpflanzen oder auf jeden Fall, bevor der Baum neu austreibt. Danach ist ein Rückschnitt nicht mehr nötig, wenn es um einen Qualitätsbaum geht. Höchstens muss nach einiger Zeit je nach Standort und Verkehrsanforderungen die Krone nachgeschnitten werden.
Gilt dies für alle Bäume?
Ja, das würde ich für alle Bäume empfehlen, egal welche Sorte und Größe. Das tut einfach jedem Baum gut.
Und wie steht es mit der Bewässerung, ist die dann nicht mehr nötig?
Doch, schon, die ist im ersten Jahr immer erforderlich. Und dazu können wir eines gar nicht oft genug erklären: Bewässern ist Maßarbeit. Beurteilen Sie das Wetter, schauen Sie sich das Erdreich genau an (benutzen Sie erforderlichenfalls einen Grundbohrer) und schauen Sie sich auch den Baum genau an. Wie häufig und wie viel Wasser gegeben wird, muss auf die tatsächlichen Bedingungen abgestimmt werden. Das kann man nicht vorher in einem Leistungsverzeichnis festlegen, dann kann es nämlich vorkommen, dass ein Baum nach einer ganzen Woche Regen noch einmal 100 Liter Wasser dazubekommt. Und das sollte auf keinen Fall passieren, ein Baum kann nämlich auch durch zu viel Wasser absterben: wenn das Erdreich fortlaufend mit Wasser gesättigt ist, gibt es dort kaum noch Sauerstoff, und ohne Sauerstoff erstickt der Baum. Ein Baum bleibt eben ein Lebewesen, genau wie wir Menschen braucht er Luft und Wasser. Das muss bei allem, was man tut, als Ausgangspunkt gelten.